Chemikalien/Gefährliche Arbeitsstoffe

Allgemeines

  • Schadstoffe können nicht nur das Wohlbefinden der Menschen beeinflussen, sondern auch ihre Gesundheit gefährden.
  • Die Voraussetzung, dass Risiken von Arbeitsstoffen erkannt und die richtigen Schutzmaßnahmen gesetzt werden können, ist das innerbetriebliche und gesetzlich vorgeschriebene „Verzeichnis gefährlicher Arbeitsstoffe“
  • Arten und Entstehung von gefährlichen Arbeitsstoffen
  • Luftverunreinigungen können hervorgerufen werden durch
    • Arbeitsprozesse,
    • Emissionen am Arbeitsplatz durch Einrichtungen oder Arbeitsstoffe,
    • Zuführung verunreinigter Außenluft.
  • Luftverunreinigungen können als gasförmige Stoffe (Gase, Dämpfe), Flüssigkeiten (Nebel, Aerosole) oder Feststoffe (Rauch, Staub) auftreten.
    • Gase entstehen u. a. durch Verbrennungsmotoren, beim Schweißen und Brennschneiden.
    • Luftverunreinigende Dämpfe entstehen u. a. beim Streichen, Entfetten und Reinigen von Gegenständen.
    • Nebel entsteht u. a. bei Zerstäubung von Getriebeöl oder bei Kühlschmiermitteln an spanabhebenden Maschinen oder Schleifmaschinen.
    • Rauch entsteht durch thermische und chemische Prozesse (Schweißen und Brennschneiden).
    • Staub entsteht u. a. bei mechanischer Zerkleinerung (z. B. Mahlen, Schneiden, Stampfen etc.). Auch im Reparatur- und Instandhaltungsprozess entsteht Staub (Sägen, Fräsen, Feilen, Schleifen, Polieren, Reinigen und Kehren).
    • Wegen des Kehrens mit dem Besen oder wegen des Abblasens von Staub entsteht oft erst die Verunreinigung der Atemluft durch Aufwirbelung. Der Staubklasse entsprechende Absaugungen oder Staubsauger mit der geforderten Filterklasse verwenden.
  • Gefährliche Arbeitsstoffe (Schadstoffe) werden nach ASchG (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz) unterteilt in
    • explosionsgefährliche,
    • brandgefährliche,
    • gesundheitsgefährdende und
    • biologische Arbeitsstoffe.
  • Im Baubereich kommen Produkte zum Einsatz, die gefährliche Stoffe enthalten oder freisetzen können.
  • Diese Produkte, deren Verwendung bautechnisch oft notwendig ist, können Gesundheit und Umwelt bei unsachgemäßem Umgang schwer schädigen.
  • Es muss überprüft werden, ob diese Produkte nicht durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden können.
  • Chemische Arbeitsstoffe können entweder als Einzelstoffe, als Stoffgemische oder als Bestandteil von Erzeugnissen vorkommen.

Mögliche Gesundheitsschäden

  • Verätzungen oder Reizungen von Haut, Augen, Mund, Speiseröhre und Atemwegen.
  • Spätschäden wie Krebs, Allergien usw.
  • Schädigungen innerer Organe wie Leber, Niere, Nervensystem usw. durch Vergiftungen.

Der Weg in den Körper

  • Gefährliche Arbeitsstoffe gelangen durch Einatmen, Verschlucken oder sogar durch die unverletzte Haut in den Körper.
  • Daher bei möglichem Kontakt mit gefährlichen Arbeitsstoffen:
    • Atemschutz tragen,
    • Augenschutz tragen,
    • Hautkontakt vermeiden,
    • geeignete Schutzhandschuhe tragen (Hautpflege nicht vergessen).

Gefahren für Mensch und Umwelt

  • Gesundheitsgefahr besteht vor allem in schlecht belüfteten Räumen, Dachböden, Schächten, Gruben usw. Hier ist erhöhte Vorsicht geboten, da die Schadstoffe schnell eine gefährliche Konzentration erreichen.
  • Betäubungs- und Erstickungsgefahr durch Sauerstoffmangel oder hohe Konzentrationen von Lösungsmitteldämpfen (Überwachungsmessung mit Alarm, umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte).
  • Maßnahmen gegen Brand- und Explosionsgefahr durch brennbare Lösungsmittel:
    • Lüftung,
    • explosionsgeschützte Geräte,
    • Überwachungsmessung,
    • Vermeiden von Zündquellen jeder Art, wie offenes Licht, Rauchen, Schweißen, elektrische Schalter, Motoren, Handwerkzeuge, statische Aufladung usw.).

Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen und Gefahrenabwehr

Grundsätzliche Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung – STOP-Prinzip:
  • Substitution:
    Gefährliche Arbeitsstoffe dürfen nicht verwendet werden, wenn ein gleichwertiges Arbeitsergebnis mit ungefährlichen oder weniger gefährlichen Stoffen erreicht werden kann.
Wenn gefährliche Arbeitsstoffe nicht durch ungefährliche Arbeitsstoffe ersetzt werden können, sind die erforderlichen Maßnahmen in folgender Rangordnung vorgesehen:
  • Technische Maßnahmen:
    • Menge der gefährlichen Arbeitsstoffe reduzieren,
    • Anzahl der damit arbeitenden Personen reduzieren,
    • Dauer und Intensität der möglichen Einwirkung von gefährlichen Arbeitsstoffen reduzieren,
    • geschlossene Arbeitsverfahren,
    • Absaugung an der Entstehungsstelle,
    • raumlufttechnische Maßnahmen.
  • Organisatorische Maßnahmen:
    Arbeitszeit und Personalstand im Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen reduzieren.
  • Personenbezogene Maßnahmen:
    Wenn durch die oben genannten Maßnahmen kein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer erreicht werden kann: persönliche Schutzausrüstung (z. B. Atemschutz).
Weitere Maßnahmen für den Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen:
  • Beim Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen oder Erzeugnissen, die solche freisetzen können, müssen unbedingt die Angaben auf der Kennzeichnung und im Sicherheitsdatenblatt sowie die eventuell beigefügten Mitteilungen des Herstellers gelesen und eingehalten werden.
  • Die Beschäftigten müssen durch eine Unterweisung über Gefahren und Maßnahmen zum Arbeitnehmerschutz werden (Gefahren, Schutzmaßnahmen dokumentieren und am Einsatzort vorhalten).
  • Persönliche Schutzausrüstung (Schutzkleidung, Sicherheitsschuhe, Handschuhe, Augenschutz, Atemschutz) muss zur Verfügung gestellt und von den Arbeitnehmern bei Bedarf auch getragen werden (Kontrollpflicht der Aufsichtsperson).
    Siehe Kap. C Persönliche Schutzausrüstung
  • Beschäftigungsbeschränkungen für Jugendliche sowie werdende und stillende Mütter beachten.
  • Verwendungsverbote oder -beschränkungen bei z. B. Asbest, quarzhaltigen Strahlmitteln beachten.
  • Bei gesundheitlichen Beschwerden oder Unfällen muss ein Arzt aufgesucht werden. Er muss z. B. durch das Sicherheitsdatenblatt über die verwendeten Produkte informiert werden.

GHS – Globally Harmonized System

  • GHS hat als Ziel eine Angleichung von Einstufungskriterien gefährlicher Chemikalien und Gefahrengüter sowie die Schaffung eines globalen einheitlichen Systems zur Gefahrenkennzeichnung.

Gefahrenpiktogramm nach GHS

Auswirkung auf die betriebliche Praxis

  • Kennzeichnungsumstellung – Überarbeitung der Arbeitsstoffevaluierung, Betriebsanweisungen, Unterweisungsunterlagen, die dem sicheren Umgang mit Arbeitsstoffen dienen, werden notwendig, sobald Produkte verwendet werden, die nach GHS gekennzeichnet sind.
  • Stoffe mit Flammpunkt zwischen 23 °C und 60 °C müssen mit dem Flammpunktpiktogramm GHS 02 gekennzeichnet werden.
  • Bei Gemischen können geänderte Einstufungskriterien manchmal zu strengeren Einstufungen führen. Das erfordert, die Lagerung solcher Produkte zu überprüfen.

Kennzeichnung

  • Die Kennzeichnung gibt Hinweise über gefährliche Eigenschaften und Schutzmaßnahmen.
  • Sie muss auf jedem Behälter oder Gebinde angebracht sein.
  • Sie muss folgende Angaben beinhalten (siehe Abbildung).

Wichtig

  • Nie Getränkeflaschen, Trinkgefäße oder Ähnliches für die Aufbewahrung oder den Transport verwenden.
  • Bei brennbaren Flüssigkeiten Brand- und Explosionsschutz beachten.
  • Zum Entleeren oder Umfüllen immer Pumpe, Ballonkipper oder Heber verwenden.
  • Nie mit dem Mund ansaugen.

Sicherheitsdatenblatt

  • Das Sicherheitsdatenblatt enthält Informationen über die chemische Zusammensetzung, chemikalienrechtliche Kennzeichnung (mögliche Gefahren), Erste-Hilfe-Maßnahmen, Maßnahmen zur Brandbekämpfung, Handhabung und Lagerung, physikalische und chemische Gefahren usw.
  • Es ist durch den Lieferanten – kostenlos und in deutscher Sprache – fachlich richtig und vollständig ausgefüllt zu übermitteln, ggf. anzufordern.
  • Sicherheitsdatenblätter sind Bestandteil der Evaluierung und zusammen mit der Liste der gefährlichen Arbeitsstoffe als Nachschlagewerk aufzubewahren.

Beispiele für gefährliche Arbeitsstoffe

  • Brandfördernd: Wasserstoffperoxid (Lösung > 30 %), Sauerstoff
  • Leichtentzündlich: Lösungsmittel für Lacke, Kleber, Brenngase, Flüssiggas.
  • Giftig: manche Imprägnierungen.
  • Gesundheitsschädlich: Lösungsmittel in säurehärtenden Lacken, Montageschäumen, Harnstoff-Formaldehyd-Harzleim.
  • Ätzend: div. Säuren, Laugen.
  • Reizend: Salmiak, Styrol, Isocyanate (z. B. Härter in PUR-Lacken).
  • Allergieauslösend: Epoxidharze.
  • Umweltgefährlich: Lacke, Holzschutzmittel, …

REACH

  • REACH (Registrierung, Evaluierung, Autorisierung von CHemikalien) ist die Bezeichnung einer EU-Rechtsvorschrift für Chemikalien.
  • REACH regelt die Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe und betrifft Hersteller, Importeure, Händler und Anwender von Chemikalien.
  • Werden Produkte aus dem EU-Inland bezogen, erweitern sich die Verpflichtungen durch REACH nicht wesentlich (die im Sicherheitsdatenblatt enthaltenen Schutzmaßnahmen einhalten).
  • Werden Gemische und Stoffe aus dem EU-Ausland importiert, sind administrativ und finanziell aufwändige Registrierungsverfahren notwendig. Achtung: Zum EU-Ausland zählen z. B. die Schweiz, Norwegen oder die Ukraine.
  • Bauausführende Unternehmen sind, sofern sie nicht selbst Stoffe herstellen oder importieren, nachgeschaltete Anwender.
  • Pflichten des nachgeschalteten Anwenders:
    • Das Sicherheitsdatenblatt des Zulieferers überprüfen.
    • Falls dabei Mängel bemerkt werden, den Lieferanten aufmerksam machen.
    • Empfohlene Risikomanagement-Maßnahmen umsetzen (z. B. Schutzausrüstung, Belüftung oder Ähnliches).
    • Sichergehen, dass der Verwendungszweck durch die Registrierung gedeckt ist.
    • Erhaltene Informationen mindestens zehn Jahre aufbewahren.

Grenzwerte

  • Beim Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen – vor allem bei Arbeiten in geschlossenen Räumen und kontaminierten Bereichen – muss regelmäßig gemessen werden, ob die Grenzwerte eingehalten sind:
MAK-Wert TRK-Wert

Spezialbereich

  • Diisocyanate sind chemische Inhaltsstoffe, die z. B. in folgenden Bauprodukten vorkommen können:
    • flexible oder starre Schäume,
    • Klebstoffe,
    • Lacke,
    • Beschichtungen,
    • Abdichtmassen
    • Injektionsmittel (z. B. Harze).
  • Diisocyanate sind gesundheitsschädlich und können allergische Reaktionen bis hin zu Hautekzemen oder Asthma auslösen. Um dieses Risiko zu minimieren, ist auf sachgerechte Anwendung und entsprechende Schutzmaßnahmen zu achten. Ausgehärtete Diisocyanate sind ungefährlich.
  • Durch Angaben am Produkt und im Sicherheitsdatenblatt der Bauprodukte ist zu erfahren, ob Diisocyanate enthalten sind.
  • Wenn der Gehalt an Diisocyanaten größer oder gleich 0,1 Gewichtsprozent ist, sind gemäß REACH entsprechende Schulungen vorzusehen. Diese Schulungen können im Rahmen der Unterweisung gemäß ASchG stattfinden.
  • Weitere Informationen: Leitfaden „Diisocyanate am Bau“
    www.bau.or.at/arbeitssicherheit

 Weitere Informationen

für Hersteller, Importeure, Händler und Anwender:

 Vorschriften und Regeln

  • ASchG (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz) §§ 40–48
  • KennV (Kennzeichnungsverordnung)
  • BauV (Bauarbeiterschutzverordnung) §§ 19–21
  • ChemG (Chemikaliengesetz) §§ 24–25
  • AUVA-Merkblatt M.plus 301 Explosionsschutz
  • ChemV (Chemikalienverordnung) §§ 24–25, Anhang F
  • VGÜ (Verordnung zur Gesundheitsüberwachung)
  • GKV (Grenzwerteverordnung)
  • AUVA-Merkblatt M.plus 302 Gefährliche Arbeitsstoffe – Information und Unterweisung
  • AUVA-Merkblatt M 330 Lagerung von gefährlichen Arbeitsstoffen
  • AUVA-Merkblatt M. plus 327 Einsteigen in enge Räume und Behälter
  • AUVA-Merkblatt M.plus 385 Das Sicherheitsdatenblatt
  • AUVA-Merkblatt M 391 Sicherer Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen
  • AUVA-Merkblatt M.plus 340.6 Krebserzeugende Arbeitsstoffe auf Baustellen
  • www.wingis-online.de



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